Ausgrabung Zentralgebäude Königsfelden, Windisch 2004

Vom März bis November 2004 führte die Kantonsarchäologie Aargau eine Ausgrabung auf dem Gelände der Klinik Königsfelden in Windisch durch. Im Vorfeld einer Neuüberbauung (Zentralgebäude) wurde das Gelände auf Spuren des römischen Legionslagers Vindonissa untersucht.

• Ziele und Arbeitsweise der Grabung
• Zeichnungen
• Fundgegenstände
• Befunde und Befindlichkeiten
• Die Geschichte des Legionslagers Vindonissa
• Pressemitteilung
• Karte von Vindonissa


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Ziele und Vorgehen der Grabung
Das Ziel der Grabung war, die Aufnahme und Dokumentation vorhandener archäologischer Strukturen, vor ihrer Zerstörung durch die Neuüberbauung.

Zuerst wurde das Gelände vermessen und auf der Fläche der künftigen Bebauung in Grabungsfelder eingeteilt. In der heutigen Archäologie gilt, dass die Geschichte im Boden am Besten konserviert sei, zudem heisst Ausgraben gleichzeitig immer auch Zerstören. Darum wurden unbebaute Flächen innerhalb des Areals nicht untersucht.





Die Grabungsarbeit könnte man grob in drei Methoden einteilen.


Flächenabtrag. Mit Schaufel und Pickel werden etwa 10 - 20 Zentimeter Material flächig, möglichst auf planem Niveau, in der Tiefe abgetragen. Je nach Situation kommt auch der Bagger zum Einsatz.





Detailuntersuchung. Gruben, Pfostenlöcher und andere interessante Befunde werden zum Teil einzeln entlang ihrer Begrenzung ausgehoben.





Profile. Wenn die Flächen der Felder bis auf den natürlichen Moränenkies abgetragen sind (die Römer trugen die vorhandenen Erdschichten vor der Erstbebauung offenbar auch ab), verbleiben noch die senkrechten Profile zur Nachbearbeitung.






Nach jedem Abtrag wird die Fläche geputzt. Dass heisst mit einer scharfkantigen, kleinen Kelle sozusagen abgeschabt, damit auch die kleinsten Tonwert- oder Materialnuancen zum Vorschein kommen. Denn darauf hat man es abgesehen. Unterschiedliches Material deutet auf einstige Baugrenzen hin. Die ganze römische Bodenschicht besteht eigentlich aus Schutt. Versturzmaterial (Abbruch) und Einfüllmaterial (Gruben und Keller die mit verschiedensten Abfällen gefüllt wurden). Erhaltene Mauern zum Beispiel finden sich wenig. Sie sind meist nur noch als "ausgeraubte" Mauerfundamente erhalten. "Ausgeraubt" heisst: es hat noch Bollensteine und einzelne kleine Bruchsteine, die grösseren brauchbaren Steine wurden von nachfolgenden Bewohner der Gegend ausgegraben und neu verbaut (so z.B. für den Bau der nahgelegenen Klosterkirche).


Nachdem die abgetragene Fläche geputzt ist beginnt der eigentliche Dokumentationsteil. Die Koordinaten werden mit dem Winkelspiegel via Messpunkte auf die Fläche übertragen. Sichtbar gemacht als enganliegendes, gelbes Schnurgerüst. Dann wird eine Fotonummer und ein Keil der nach Norden ausgerichtet ist, der sogenannte Nordpfeil, in eine Ecke gelegt. Jetzt vielleicht noch ein bisschen nässen, und möglichst frontal mit wenig Seitenlicht fotografieren.





Nach der fotografischen Dokumentation werden die Flächen "angezeichnet". Mit der Gräberkelle werden fachkundigen archäologischen Blickes Begrenzungen in die Fläche geritzt. Unterschiedliche Materialsituationen, verschiedene Ton- und Farbwerte erhalten Kontur und im Idealfall zeichnen sich dann sogar Baustrukturen ab. Die Grenzen dienen aber vorallem dem Wissenschaftlichen Zeichner der nun emsig ans Werk geht.





Im Masstab 1:20 wird auf 2-Milimeterpapier mit dem Bleistift ein Situationplan gezeichnet. Als Hilfsmittel wird ein Drahtgitter mit 20 Zentimeter Maschenabstand -entsprechend der Einteilung des Milimeterpapiers- über der zu zeichnenden Stelle im Schnurgerüst plaziert und danach weiterversetzt. Die Konturen werden übertragen. Die fertige Zeichnung wird dann noch teilweise mit Farbstift koloriert, damit ein zusammenhängendes schnell erfassbares Gesamtbild entsteht. Die entstandenen Flächen dieser Zeichnung werden darauf mit Positionsnummern beschriftet. Mittels Nivelliergerät wird ausserdem ein Netz aus Höhenpunkten ausgemessen und auf die Zeichnung übertragen.





Die Positionsnummern bestehen aus der Feldnummer und der Position (Einzelfläche). Sie erhält einen Beschrieb (z.B.: ockerfarben, sandig, lehmig, mit vereinzelt Holzkohlefragmenten), manchmal auch Hinweise und erste Interpretationen. Alle Positionsnummern werden in eine Datenbank übertragen und vernetzt. Verbunden sind diese Nummern mit der Zeichnung (geografische Position), dem Beschrieb (Materialbeschaffenheit) und den Fundgegenständen. Die Funde sind also vorallem auch ein Schlüssel zur Bestimmung des Alters oder der Funktion einer Position. Das bedeutet, dass zum Beispiel die jüngste Münze in einem geschlossenen (d.h. ab einem Zeitpunkt nicht mehr gestörten) Zusammenhang den frühest möglichen Zeitpunkt deren Einfüllung angibt. Oder Asche, Scherben und Knochen deuten auf eine Verwendung als Abfallgrube hin. Darum sind die Ausgräber erpicht den Funden die richtigen Positionsnummern zuzuweisen.

Alle Angaben zur detaillierten Vorgehensweise (Vermessung, Massstäbe beim Zeichnen, Vergabe von sog. „Positionen“) gilt nur für die Ausgrabung Zentralgebäude und zum Teil noch für die Kantonsarchäologie Aargau.





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Zeichnungen
Beispiele
 
Oben: Flächen-zeichnung
 
rechts: Profil-zeichnung
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Funde
Gefunden wurden Keramikscherben unterschiedlichster Verarbeitung, viele Eisennägel und eine Unmenge tierische Knochen, aber auch handgrosse Austern, die offenbar im Lager verspeist wurden. Etwa 100 Bronzemünzen, einige Silbermünzen, Fibeln (Sicherheitsnadeln/Broschen der Römer) und diverse andere Bronzegegenstände, zum Teil noch nicht identifizierte, kamen zum Vorschein. Glas, zum Beipiel, mit weniger als ein Millimeter Stärke gab es zu bewundern, ja sogar eine neolithische Pfeilspitze kam an die Oberfläche. Das grösste Hallo löste aber sicher die etwa hemdknopfgrosse Gemme aus. Das eingravierte Bild, eine Jägerin mit Hund oder Wolf, zeigt sich erst richtig wenn das Licht Flach auf die Ebene fällt.

Spätrepublikanischer Silberdenar, Vorder- und Rückseite

 

Gemme, Durch- und Auflicht, (könnte die Einlage eines Fingerrings gewesen sein)

 

Bronzemünze, Vorder- und Rückseite

 

Keramik, links Terra Sigliata

 

2 Griffel aus Horn oder Bein, mit Gesicht verziertes Glas, Bronze-Skalpell

 

Amphore

 

Gürtelschnalle, Siegelkapsel mit Glasflussauflage (Email), Silbermünze

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Befunde und Befindlichkeiten
 

 

Die Befunde der Grabung waren nicht spektakulär. (detailierter Angaben finden sich in der Pressemitteilung). Aus früheren Grabungen in der Nachbarschaft wusste man ungefähr was einem erwartete, was dann auch bestätigt wurde. Die Grabung schnitt sich durch Kasernenbauten von grob gesagt drei Bauphasen, in einem Lagerbereich wo die einfachen Legionäre untergebracht waren. Teile von Bauten, Strassenbereiche, ein Abwasserkanal und die erste Lagergrenzenbefestigung der "Spitzgraben" wurden getroffen. Nebst diversen "Gruben" und "Kisten" (holzverschalten Vertiefungen, wahrscheinlich zur Vorratshaltung angelegt) warf ein rätselhafter Keller in fast drei Meter tiefe am meisten Fragen auf. Sein Boden war übersäht von durcheinander liegenden verkohlten Balken aus verschiedensten Holzarten (Eiche, Buche, Ahorn, Weisstanne, Fichte, Hasel, Erle, Weide oder Kernobst). Die Befunde waren also vergleichsweise bescheiden.
Die Befindlichkeit in der 10- bis 15-köpfigen Grabungsequipe jedoch sehr angenehm. Es war eine interessante abwechslungsreiche Zeit bei den Gräbersleut. Die Gräbersleut die sich wieder in alle Winde zerstreuten.
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Eine weitere Dokumentation:
Impressionen rund um die Ausgrabung Vision Mitte.